Strompreisbremse – Aktueller Sachstand und geplante Neuerungen der BundesregierungAls Maßnahme zur Energiekostendämpfung hat die deutsche Regierung eine Strompreisbremse beschlossen, die vom 1. März 2023 (rückwirkend auch für Januar und Februar 2023) bis zunächst Dezember 2023 gilt. Für viele Schaustellerbetriebe ist jedoch unklar, ob und wie die Strompreisbremse greift. Nach zahlreichen Gesprächen mit Stromversorgern, Arealnetzbetreibern, anderen Wirtschaftsverbänden, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), aber auch vielen weiteren politischen Entscheidungsträgern, möchten wir zunächst über den aktuellen Sachstand zu diesem Thema informieren.
Vorweg: Die Bundesregierung plant – auch aufgrund der massiven Kritik an den aktuellen Regelungen – Anpassungen im Strompreisbremsegesetz vorzunehmen; hierauf werden wir im zweiten Teil dieses Schreibens eingehen.
1. Strompreisbremse – Ist-Stand:
Anfang des Jahres versicherte Michael Kellner, zuständiger Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, dem DSB, dass die Strompreisbremse auch bei kurzzeitiger Stromabnahme greifen wird. Viele unserer Mitglieder stellten aber schnell fest, dass die Umsetzung – aufgrund unklarer Regelungen und daraus folgenden erheblichen Unsicherheiten bei den Versorgern – nur schwer, z.T. gar nicht vonstattengeht.
Die Entlastung durch die Strompreisbremse ist von vielen unterschiedlichen Parametern abhängig, weshalb wir das BMWK aufforderten, für den kurzzeitigen Stromverbrauch auf unseren Volksfestplätzen, einen Handlungsleitfaden für unsere Branche, aber vor allem für die Versorger zu erstellen, damit diese die Preisbremse rechtssicher und unkompliziert weitergeben können.
Das BMWK teilt uns nun mit, dass die Erarbeitung eines solchen Leitfadens – aufgrund der Komplexität und der Vielzahl unterschiedlicher Messkonzepte auf den Volksfestplätzen – leider nicht möglich sei.
Zudem relativiert das BMWK in diesem Anschreiben seine Zusicherung aus dem Januar, dass die Preisbremse auch für die Schaustellerbranche in jedem einzelnen Fall gelte. So wird z.B. dann keine Entlastung gewährt, wenn nicht bereits zum Ersten eines Monats ein Lieferverhältnis mit dem Stromversorger besteht.
Die Frage, ob die Entlastung greift, ist zudem von unterschiedlichen weiteren Kriterien abhängig – vor allem davon, wie die Entnahmestellen auf den Festplätzen technisch aufgebaut sind und welches Messkonzept jeweils zugrunde liegt:
• Handelt es sich z.B. um eine sogenannte Kundenanlage, also eine kundeneigene Energieanlage mit angeschlossenen Letztverbrauchern mit einem Summenzähler, so erhält der Betreiber der Anlage zwar die Entlastung durch die Strompreisbremse, ist gesetzlich jedoch NICHT verpflichtet, diese Entlastung auch weiterzugeben.
• Bei einer RLM-Entnahmestelle (Registrierende Leistungsmessung) wird pro Messperiode (15 Minuten bei Strom) ein Leistungsmittelwert erfasst. Die Strompreisbremse greift hier durch den Vergleich mit dem bisherigen Verbrauch (Vergleichsjahr 2021) oder aber aufgrund einer Schätzung, wenn die Entnahmestelle neu (nach dem 1.1.2021) eingerichtet wurde.
• Bei einem SLP-Zähler (Standard-Last-Profil) orientiert man sich am typischen Abnahmeprofil verschiedener Verbrauchergruppen. Dies dient dem Lieferanten als Grundlage für die Verbrauchsprognosen. In diesem Fall, wird der aktuelle Verbrauch der Entnahmestelle ebenfalls mit dem Verbrauch im Jahr 2021 verglichen, um die Höhe des Strompreisdeckels zu ermitteln.
• Um den aktuellen Stromverbrauch mit dem Verbrauch des Jahres 2021 vergleichen zu können, müssen ggw. Messdaten von mindestens drei Kalendermonaten verfügbar sein.
2. Änderung des Strompreisbremsegesetzes – Gesetzesentwurf aus dem BMWK
Ebenso wie der DSB kritisieren auch zahlreiche andere Verbände das aktuelle Strompreisbremsegesetz massiv, weshalb die Bundesregierung nun Anpassungen vornehmen möchte. Der Gesetzesentwurf liegt dem DSB vor.
Unsere Kritik wurde zumindest insofern gehört, als dass der 3-Monats-Verbrauch, der bei der Ermittlung der Entlastung zugrunde gelegt wird, relativiert wird. Zukünftig soll die aktuellste vorliegende Verbrauchsprognose ausreichen, falls (wie in unserem Fall) keine vollständigen 3-Monats-Verbräuche vorgelegt werden können.
Außerdem wird dem Gesetz ein weiterer Paragraph hinzugefügt, der eine Entlastung für atypische Minderverbräuche regelt und unserer Branche somit zu Gute kommen soll. Die von uns geforderte Bezugnahme auf das „normale“ Kirmesjahr 2019 (statt 2021) wird damit möglich. Im Rahmen eines Antragsverfahrens müssen dann folgende Kriterien belegt werden:
• Beantragung und Gewährung der Überbrückungshilfe im Jahr 2021,
• Rückgang des Stromverbrauchs im Jahr 2021 um mindestens 50 % im Vergleich zu 2019,
• der zusätzliche Entlastungsbetrag muss mehr als 1000 Euro betragen.
Im September dieses Jahres soll das Antragsverfahren freigeschaltet werden, der Antrag muss bis zum Ablauf desselben Monats gestellt werden.
Allerdings besteht diese Möglichkeit der zusätzlichen Entlastung nur dann, wenn eine Entnahmestelle NICHT über SLP (Standard-Last-Profil) bilanziert wird.
Der aktuelle Sachstand, aber auch die geplanten Gesetzesänderungen in Bezug auf die Strompreisbremse sind für unsere Branche mehr als unbefriedigend. Der DSB hat bereits zur geplanten Gesetzesänderung Stellung genommen und das BMWK (weiterhin) auf folgende Probleme hingewiesen:
• Aus unserer Sicht ist es von immenser Bedeutung, grundsätzlich das Vergleichsjahr 2019 zur Ermittlung der Entlastung heranzuziehen. Das ggw. Verfahren, den aktuellen Stromverbrauch mit dem des Jahres 2021 zu vergleichen, ist für die Schaustellerbranche nicht sinnvoll – aufgrund der Corona-Pandemie fanden praktisch keine Veranstaltungen statt, Strom wurde nicht benötigt.
• Außerdem muss die Entlastung durch die Versorger unkompliziert und rechtssicher an die Letztverbraucher weitergegeben werden können. Dies ist aufgrund der vielfältigen und komplexen Regelungen weder ggw. noch mit den geplanten Gesetzesänderungen möglich.
• Das geplante Antragsverfahren in Bezug auf eine zusätzliche Entlastung darf sich nicht zu einem Bürokratiemonster entwickeln.
Die Umsetzung der Strompreisbremse ist mit vielen Hürden verbunden. Wann die geplanten Änderungen in unserem praktischen Arbeitsleben Einzug halten und wie diese konkret umzusetzen sind, lässt sich derzeit nicht voraussagen.
Wir empfehlen Ihnen daher, mit Ihren Platzelektrikern vor den anstehenden Veranstaltungen zu klären, wie die Entnahmestellen auf Ihren jeweiligen Plätzen aufgebaut sind, wie sie funktionieren und wie sie bilanziert werden, um zu ermitteln, ob und wie die Strompreisbremse im Einzelfall greifen kann.
Zudem kann es sinnvoll sein, den Stromvertrag bereits zum Ersten eines Monats abzuschließen – etwa dann, wenn die Veranstaltung wenige Tage darauf beginnt, denn grundsätzlich greift die Bremse – gegenwärtig – nur dann.